Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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—41. 
Fortsetzung der Reichstags⸗ 
Session. 
kommenden Dienstag nimmt der deutsche 
ag seine durch die Weihnachtspause verhält- 
zig lange unterbrochen gewesenen Verhand⸗ 
wieder auf, und unstreitig wird in dem 
itt zwischen Weihnachten und stern der 
dunit der gegenwärtigen Reichstagssession 
Zunächst gilt es, die Verathung des Reichs⸗ 
ssetats zu Ende zu führen und dieser hat 
hen eine beim Beginn der Session nicht ver⸗ 
e Bereicherung ersahren, da dem Reichstag 
des neuen Wehrgesetzes ein Nachtrag zum 
retat zugehen wird. Es handelt sich um eine 
ge Forderung von angeblich 100 Millionen 
welche die Regierung behufs Durchführung 
ehrgefetzes aufzustellen gedenkt und es läßt 
aten, daß unfere Reichsboten in Anbetracht 
oßen finanziellen Opfer, welche das deutsche 
ar Slärkung der nationalen Wehrkraft bis 
letzte Zeit hinein gebracht hat, die in Aus— 
hende abermalige bedeutende Mehrforderung 
itärische Zwecke nicht leichten Herzens bes 
werden. Man darf daher wohl einer ein 
a und Überzeugenden Begründung des er— 
a Nachtragsetats entgegensehen und unter 
zoraussetzung kann die Regierung gewiß sein, 
auch diesmal nicht vergeblich an den Pa⸗ 
nus und die Opferwilligkeit der Vertreter der 
apellirt. Was das Wehrgesetz selbst anbe⸗ 
o ist dessen endgiltige Annahme bei der im 
age herrschenden patriotischen Stimmung nicht 
weifeln, nur darf man wohl die Erwartung 
rechen, daß es gelingen wird, so manche Un—⸗ 
ziten und Härten, welche der Entwurf auf—- 
zu beseitigen oder wenigstens zu mildern. 
den eigentlichen Mittelpunkt des bevorstehenden 
onsabschnittes wird nun aber doch nicht die 
gesetze Angelegenheit, so wichtig sie auch er- 
jen mag. bilden, dies wird vielmehr von den 
en der 3Verlängerung der Legislaturperioden 
des Socialistengesetzes zu gelten haben. In 
Hinsicht steht ein Antrag der drei Mehrheits⸗ 
en zu erwarten und fällt hiermit bekanntlich 
leiche Altion im preußischen Abgeordneten⸗ 
zusammen, während in letzterer Beziehung die 
ung mit einewm besonderen Entwurfe vorgeht, 
eträchtliche Berschärfungen der bislang gegen 
ꝛemeingefähtlichen Bestrebungen der Social⸗ 
ratie in Kraft gewesenen Bestimmungen vor⸗ 
. Dort wie hier handelt es sich um Fragen, 
nen sich die Parteien im Reichstage zum Theil 
piell gegenüberstehen und die schon in den 
Wochen Anlaß zu langen Erörkerungen in 
sagespresse gegeben haben und sicher ist, daß 
tuch die parlamentarische Behandlung beider 
ata sehr bewegt gestalten wird. Welches Re⸗ 
die betreffenden Verhandlungen ergeben werden, 
ndissen noch dahin gestellt bleiben, da speziell 
orgeschlagene Verschärfung des Sozialistenge⸗ 
auf eine noch ziemlich unklare Situation im 
iage stößt. 
Ib der Riichstag noch in der gegenwärtigen 
„n zur Berathung der Alterss and Invalidi⸗ 
ersicherungs Vorlage gelangen wird, muß mehr 
nehr bezweifelt werden, da sich die ganze An⸗ 
nheit augenscheinlich noch immer ersi in einem 
reitendem Stadium bifindet. Dagegen giebt 
dem zweiten Abschnitte seiner gegenwärtigen 
on für ihn noch eine Reibe anderer gefehz— 
Sonntag, 15. Januar 1888. 28. Jahrg. 
jeberischer Arbeiten als die oben genannten, zu er⸗ 
sedigen. Unter ihnen befinden sich, um nur die 
vichtigeren Gegenstände hervorzuheben, das Wein⸗ 
zJesetz, der Entwurf, betr. die Unterstützung der Fa 
nilien von zur Fahne einberufenen Mannschaften, 
zie Vorlagen über den Ausschluß der Oeffentlichkeit 
zei Gerichisverhandlungen und über die Einführung 
der Reichsgewerbeordnung in ElsaßLothringen, die 
Anträge Munkel, betr. die Entschädigung unschuldig 
Zeruriheilter und Zulassung der Geschworenenge⸗ 
aichte bei politischen Pressen, das Vogelschutzgesetz 
ua. Es erwariet demnoch den Reichstag auch 
zei Fortsetzung seiner Thätigkeit ein reichhaltiger 
Arbeitsstoff und man kann nur wünschen, daß die 
Früchte der gegenwärtigen Sitzungsperiode sich als 
recht ersprießliche erweisen mögen. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 18. Jan. Der Kaiser ist soeben 
dei der Wachtparade am Fenster erschienen, was 
anendlichen Jubel hervorrief. 
Berlin, 13. Jan. Bulletin der Aerzte Schra⸗ 
der, Krause, Hovell d. d. San Remo, 18. Jan. 
Morgens: Die Krankheitserscheinungen beim Kron⸗ 
hrinzen bestanden während der letzten zwei Wochen 
n eiwas siärkerer Schwellung der linken Kehlkopf⸗ 
sälfte und von dort sich etwas allgemeiner aus 
reitenden entzundlichen Reizung der Kehlkopfschleim ⸗ 
zaut. Gleichzeitig war eine stärlere Schleimab— 
onderung vorhanden, welche wie die Entzundung 
etzt wieder im Verschwinden begriffen ist. Das 
Allgemeinbefinden ist recht gut. 
Berlin, 18. Jan. Der Reichskanzler bean 
ragt beim Bundesrath, daß vom 1. April 1888 
an fremde Scheidemünze in Zahlnng weder gegeben 
noch genommen werden dürfen. Damit soll vor⸗ 
nehmlich die Anomalie beseitigt werden, die, in 
xisaß · Lothringen besteht, daß der Kleinverkehr in 
Sous and der Geschäftsverkehr der Kaufleute nach 
de: Frankwährung rechnet. 
Ausland. 
Petersburg 18. Jan. Bei dem heutigen 
Neujahrsempfang hat der Kaiser keine politische 
Anspielung gemacht. 
Wie es scheint, will die rusfische Regierung 
etzt ebenso gegen die Oesterreicher im Lande vor⸗ 
zehen, wie gegen die Deutschen. Nach einer Mel⸗ 
zung des „Przeglond“ werden viele Oesterreicher, 
ie bisher in Russisch-Podolien als Gutsbesitzer oder 
Zutspachter wohnten, aus Rußland ausgewiesen. 
Alle Beschwerden bei dem Gouverneur bleiben un⸗ 
rerücksichtigt. Ferner wird über Maßregeln gegen 
—DD 
Die russischen Offiziere polnischer Nationalität, 
velche Regimenter, Bataillone, Compagnieen, Schwa⸗ 
ronen oder Batterien kommandiren, wurden plötz⸗ 
ich ihrer Stellen entkoher. 
Tokale und pfalzische Nachrichten. 
Sit. Ingbert, 14. Jan. Gesitzwechsel.) 
Auf dem Wege der Versteigerung ging dieser Tage 
zas an der Kapellenstraße gelegene Wohnhaus des 
Mauermeisters J. Pfleger um die Summe von 
3100 Mtk. in den Besitz des Vergipsers Sieber 
iͤber. 
— In einer Correspondenz der „Pf. Zig.“ 
vird für die Aufhebung der Versteigerung oder 
Zermieihung der Kirchenstühle plaidirt. Der 
Forrespondent bemerlt, unstreitig sehr zutceffend, 
aß die Gleichheit vor Gott auch in der Kirche 
Feobachtet werden sollte. An Stelle der auf diese 
Beise der Kirche entgehenden Einnahmen sollten 
rultiusUmlagen treten. Der Gedanke, so zweifelt 
los richtig er auch ist, dürfte bei seiner Ausführun 
auf starken Widersiand stoßen, welchem ja das 
HBrechen mit einer alten Gewohnbheit steis zu be— 
gegnen pflegt. 
— Plirmasens, 12. Jan. Frau Fortuna 
scheint der Pfalz augenblicklich günstig gesinnt. 
Diesmal ließ sie einen Treffer der Veteranen⸗ 
Lotterie von 1000 Mk. auf das Loos 284,805 
hierher fallen. Die glücklichen Gewinner sind Ro— 
settenmacher Gustav Pohl und Lan ine. 
— Pirmasens, 18. Jan. Herr Ingenieur 
Harry Skinner hat ein Gesuch um Ertheilung der 
honzession zur Herstellung einer Straßen Eisenbahn 
von Pirmasens über Lemberg, Salzwoog und Dahn 
nach Weißenburg eingereicht. (P. A.) 
— Neustädt. Naächsten Sonntag, den 15. 
d. M., Vormittags 11 Uhr, findet im Saalbau 
die Generale⸗Versammlung des pfaälzischen Zweig⸗ 
verbandes vom Verbande deutscher Müller statt. 
Tagesordnung: 1) Berichterstattung über die 
Thätigkeit des Vorsiandes, 2) Bericht der Revisoren, 
Entlastung des Schatzmeisters, 8) Rechnungsablage, 
Wahl dvon zwei Revisoren, 4) Neuwahl des Vor⸗ 
tandes, 5) Besprechung über die Aufhebung des 
Identitätsnachweises bei Getreide und 6) offene 
Fragen. 
— Naͤchsten Sonntag, den 15. d. M., findet 
n Neustadt eine Sizzung des pfälzischen Bundeß- 
Trunraths statt. Außer der Beschlußfassung über 
Aufnahme verschiedener neu gemeldeter Vereine, 
über Vertheilung von Unfall-Entschädigungen soll 
iber Abhaltung eines allgemeinen pfälzischen Turn⸗ 
festes berathen werden. 
— Oppau, 12. Jan. Gestern Abend 
z Uhr brach in der Mühle des Herrn Peter 
Bitiermann von hier Feuer aus, das so rasch um 
ich griff, daß nach kurzer Zeit das ganze Gebäude 
nit Mobiliar und Inhalt ein Raub der Flammen 
purde. Die Entstehungsursache des Feuers ist un- 
bekannt. Der Geschädigte hat versichert. 
— Ludwigshafen, 10. Jan. Ueber die 
Art der Fälschungen, deren sich der Buchhalte r 
Jakob Munch schuldig gemacht hat, taucht jetzt in 
der „Frkf. Zig.“ eine neue Lesart auf. Danach 
wurden die meisten der Fäͤlschungen dadurch be⸗ 
jangen, daß Münch auf höhere Beträge lautende 
Duutungen aälterer Jahrgange mit gefälschtem Da- 
um in Vorlage brachte und wieder andere, neueren 
Datums, auf hoöhere Beträge sehr geschickt fälschte. 
Die Gerichtsverhandlung wird wobl das Naähere 
rgeben. 
Vermischtes. 
Die Auswanderung aus dem deutschen 
Reich nach überseeischen Landern betrug im Monat 
Novb. 1887: 6,691 und in den 11 Monaten Jan. 
his Nov. 1887: 97,247 Köpfe. Im gleichen 
Zeitraum der Vorjahre sind 1886: 6140 bezw. 
76,981 und 18853: 4889 bezw. 104,920 deuische 
Auswanderer über obengenannte Häfen befoördert 
worden. 
Mänchen. Am Montag Nachmittags 1 
Ahr beginnt die Ziehung der Zwieseler Lotterie im 
nördlichen Schrannenpavillon hier unter notarieller 
Leitung. 
4 Ein nettes Stüchchen Nächsten lie be“ ist 
in letzter Sitzung des Magistrats zu Bayreuth zum 
Besten gegeben worden. Kam da unlangst — so 
zrzählt die „Fränk. Tagesp.“ — ein todtkranker 
dandwerksbursche zut Armenpflege Hollfeld und 
hbat flehentlichst um Aufnahme ins dorlige Kranken⸗ 
—E