St. Jugherter Anzeiger
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 251. — Dienstag, 22. Dezember 1885. 20. Jahrg.
Deutsches Reich.
Berlin, 21. Dez. Herr von Hansemann
ud Dr. Finsch haben gestern dem Kaiser und der
kaiserin in Audienz Mittheilungen über Kaiser⸗
Bilhelmsland gemacht sowie Zeichnungen vorgelegt
ind erläutert. Die Majestäten zeigten den größten
intheil; die Audienz währte eine Stunde.
Anslaud.
Paris, 20. Dez. Im koͤniglichen Palais
Madrid hat sich ein eigenthümlicher Zwischen⸗
isl zugetragen. Don Henri de Bourbon,
zherer Offizier und an diesem Tage Chef der
alastwache, verlangte von der Königin Christine,
e von ihrer Ausfahrt sehr ermüdet nach dem
ichloß des Pardo zurückgekehrt war, eine Unter⸗
dung. Der dienstthuende Kammerherr, Graf
uapei, weigerte dem Infanten Don Henri den
utritt. Derselbe gerieth hierüber in solche Auf⸗
gung und erlaubte fich in dem Zimmer der Offiziere
erartige Redensarten, daß seine Untergebenen sich
eigerten, ferner seinen Befehlen nachzukommen und
ie Angelegenheit zur Kenntniß der höheren Militärin⸗
anz brachten. Der Kapitän-General Pivia ermahnte
en Oberst Don Henri sehr energisch nud stellte
m zur Disposition.
Paris, 20. Dez. Nach den der Propaganda
som zugegangenen Berichten waren im Vicariat
tcochinchina, zu dem Annam und Tongking ge⸗
öten, von Anfang des Jahres bis zum 1. Nov.
eltödiet worden: 9 französische Missionare, 7
inheimische Priester, 60 Katecheten, 270 einhei-
nische Nonnen, 24,000 Christen; 200 Pfarreien
aren vollst indig zerstört, 225 Kirchen verbrannt,
7 Waisenhäuser, 10 Nonnenklöster, 2 Ackerbau⸗
lonien, 2 Seminare und 2 Apotheken zerstört.
im nördlichen Cochinchina wurden 7000 Christen
födtet, darunter 9 einheimische Priester, und 60
'arreien zerstört. Die verschont gebliebenen
hristen starben vor Hunger. — Ein Gelb⸗
uch über die. Verhandlungen mit China ist
eute zur Vertheilung gelangt. Dasselbe enthält
le Documente, welche durch den Minister des
luswärtigen der Kommission für den Tongking⸗
redit mitgetheilt worden sind. Das erste datirt
om 23. Juli 1884, das letzte vom 12. Februar
885 und ist deren Inhalt zumeist bekannt. —
cine Depesche des französischen Bevollmächtigten
rogordan in Shanghai vom 12. Dezember kündigt
m, daß er am 11. Dezember Li⸗Hung⸗Tschang
esprochen habe, und daß die Verhandlungen über
»n Handelsvertrag begonnen hätten.
Paris, 21. Dez Man erwariet einen großen
judrang zu der heute beginnenden Debatte über
ie Tongking-Kredite. Seit 5 Uhr Morgens hat
ich vor dem Eingangsthore des Palais Bourbon
m Quai d'Orsay bereits eine Queu gebildet, wie
olches hier nur anläßlich der Gratisvorstellungen
n der großen Oper oder bei der Emission von
*taatsanleihen der Fall ist. Man „hofft“ auf
ufregende und heftige Scenen, namentlich wenn
sules Ferry interdeniren sollte wozu ihn die
aßerste Linke provoziren will. Die Zuversicht der
dinisteriellen ist im Steigen, seitdem der Bischof
freppel unter den zahlreichen Ultramontanen der
techten für die Ansicht wirbt, daß kein Katholik
»ie Räumung Tongkings votiren dürfe, welche die
died rmetzelung von Tausenden von katholischen
hristen zur Folge haben müßte. — Dem Oberst⸗
jeutenant Herbinger ist seitens des Kriegs-
ninisterz die Autorisation verweigert worden vor
der Tongking⸗Kommission auszusagen, um die An⸗
schuldigungen des Generals Briere de 'Isle und
»es Rapportes Borgnis' zu widerlegen. Der Ge⸗
neral Campenon soll aber dem unglücklichen Offi—
ier versprochen haben, im Verlaufe der Tongking
Debatte seine Angelegenheit zu besprechen und ihm
aöglichst Satisfaktion zu verschaffen. — Der zum
weiten Sekreiär der hiesigen deutschen Botschaft
ernannte Graf Friedrich von Pourtales ist gestern
zier eingetroffen. Der erste Sekretär, Herr von
Ziderlen⸗Wächter, hat sich heute mit kurzem Urlaub
zach Stuttgart begeber —
ale und pche Raqrichten.
*St. Ingbert, 22. Dezbr. Die auf den
Stationen der Pfälzischen Eisenbahnen am 24. oder
25. Dezember für den Lokalverkehr sowie für den
Badisch-Pfälzischen, Elsaß⸗Lothringisch⸗Pfälzischen,
Saarbrücken· Pfälzischen, Hessisch-Pfälzischen und im
stheinischen Verbands⸗Personenverkehre zur Ausgabe
gelangenden Retourbillete erhalten zur Rückfahrt
Biltigkeit bis einschlieklich 28. Dezem—
der l. Irs.
— Insheim, 19. Dez. (GSchrecklicher
Anglücksfall.) Als gestern Nachmittag die
khefrau des Bahnwarts Johannes Hautz von hier
von Essentragen nach Hause kam, bot sich ihr ein
chredlicher Anblick dar. Während ihrer Abwesen⸗
eit war das Bett auf bis jetzt unerklärte Weise
n Brand gerathen und waren durch den hiedurch
ntstandenen Qualm ihre beiden Kinder im Alter
on 4 und “⸗ Jahre dem Erstickungstode anheim
jefallen, während das ältere Kind noch außerdem
rhebliche Brandwunden an sich trug. Wahrschein⸗
ich hat dasselbe mit Streichhölzern das Bett
elbst in Brand gesteckt. Es darf dieser Vorfall
vieder als eine dringende Warnung dienen, doch
a die Streichhölzer an einem den Kindern nicht
ugänglichen Ort aufzubewahren. Der Schmerz
der Eltern ist ein herzzerreißender.
— Speyer, 19. Dez. Die Bevölkerungs⸗
ahl hies. Stadt soll sich nach dem Ergebnisse der
eyten Volkszählung auf 16,416 Personen und nach
iner neueren Mittheilung sogar auf 16,800 Per—
onen beziffern; demnach hat unsere Stadt um 911
dersonen zugenommen.
— Grünstadt, 19. Dez. Die protest.
duliusgemeinde wurde gestern mit einem hübschen
Ihristgeschenk überrascht. Herr Martin Bügenburg,
der nach 28jährigem Wirken als Kirchendiener diese
Stelle niedergelegt hat, vermachte der Gemeinde
die Summe von 3000 Mk. zum Guß einer dritten
Blocke. Die Kunde von dem hochherzigen Geschenk
exxeqt die größte Freude.
Jermischtes.
Saarlouis, 16. Dez. Einem Bauers⸗
nann passirte das Unglück, als er seinen Sack,
vorin er 7 Ferkel zu Markt gebracht, öffnete.
ämmiliche Thiere erstickt darin vorfand. Die
ZSackträger sollen einen guten Tag gehabt haben.
(S. Ztg.)
Metz, 16. Dez. In der Nähe von Meg
st ein Agent Namens Bailly verhaftet worden, als
reim Begriff war, einem Soldaten vom 12. Fuß⸗
rtilleri regiment zur Desertion zu verhelfen. Der
aubere Kumpan betrieb dieses Geschäft gewerbs⸗
aüßig. Er wiegelte erst einzelne Soldaten auf,
alf ihnen dann bei der Desertion und überredete
ie endlich, nach — Tongking zu gehen, um natür—⸗
ch für Lieferung dieses Kanonenbootes eine ent—
rechende Prämi⸗e einzuheimsen Es ist seltsam
daß man in Amerika, sowie unter Fremdenlegionen,
Matschappy ˖Truppen u. s. w. so auffallend viele
Deutsche trifft, die dem deutschen Heeresdienst ent⸗
gehen wollen. Eine eigenthümliche Ironie des
Schicksals will es, schreibt die „Tägl. Rundsch.“,
daß gerade diese Unglücklichen, die um irgend einer
Fleinigkeit willen, von Uebelwollenden aufgehetzt,
ihr Vaterland verließen, in die traurigste Knecht⸗
schaft und unter militärische Verhältnisse gerathen,
im Vergleich zu denen der deutsche Heeresdienft
elbst unter dem brummigsten Unteroffizier noch ein
oaradiesisches Leben ist.
FKreuznach, 18. Dez. Heute Vormittag
ereignete sich in der Threß'schen Mühle hierselbst
ein schrecklicher Unglücksfall. Ein dort beschäftigter
Müllerbursche glitt am Schleifstein aus und gerieth
in das Räderwerk zwischen zwei Zahnräder, die
ihm einen Arm vollständig abrissen und die beiden
Beine derart verletzten, daß sie ebenfalls fast voll⸗
ständig vom Körper getrennt wurden. Der Un—⸗
glückliche wurde sofort in das städtische Hospital
zeschafft, wo er jedenfalls bereits verschieden ist.
FHeidelberg, 17. Dez. Von einem Of-
fiziersburschen hier wurden seinem Herrn 1000 Mk.
entwendet; derselbe ist verhaftet.
T.Mainz, 19. Dez. Der durch den Spruch
des Schwurgerichts zum Tode verurtheilte Doppel—
mörder Herbst' hat das Urtheil doch nicht so
gleichmüthig hingenommen, wie es bei der Verkün⸗
digung desselben den Anschein hatte. Bis heute
Morgen um 2 Uhr ging der Verbrecher, als ob er
über etwas nachgrübeln wollte, fortwährend in
seiner Zelle auf und asd, selbstverständlich unter der
Bewachung eines Wärters, da bei dem Verbrecher
immer noch die Absicht vorherrscht, sich der irdi⸗
schen Gerechtigkeit durch einen Seibsimord zu ent-
ziehen. Nach 2 Uhr legte er sich halb angekleidet
zu Bett, war aber heute schon wieder fruͤh auf,
betrug sich aber dann, als ob nichts Besonderes
vorgefallen sei. Noch als die Geschworenen in
hrem Berathungszimmer waren, wurde Herbst von
einem Gerichtsbeamten gefragt, ob er Hoffnung
habe, nicht zum Tode verurtheilt zu werden. Herbst
bemerkte darauf, daß ihm der Urtheilsspruch, wie
derselbe auch ausfalle, ganz gieichgiltig sei, er
habe doch sein Leben satt.
FFrankfurt a. M., 19. Dez. Der älteste,
feit 1868 angestellte Beamte der Frankfurter Hy—
potheken ⸗ Bank, Justus Ridener, hat sich verschie⸗
dene, auf längere Zeit zurückgreifende und bis jetzt
in geschickter Weise verdeckte Veruntreuungen zu
Schulden kommen lassen. Der Gesammtbetrag
derselben ist auf 67,487 M. festgesetzt.
FBarmen, 19. Dez. Nach dem Kreisbl.
hat ein hiesiger, mit verschiedenen bürgerlichen
Ehrenämtern behafteter, schalkhafter Reniner die
iebenswürdige Frage 7 des Volkszählungs-Formu-
lars wie folgt beantwortet: Beruf: Renten⸗
derzehrer, zu andernm zu dumm.“ — Stellung im
Beruf: „Ehrenamisarbeiter.“
.Colmar, 19. Dez. Die Verhandlung
des Prozesses in Sachen der schwarzen
band“ (irma Schaller und Bergmann als Be⸗
rufskläzer gegen die kaiserliche Tabakmanufaktur)
st, nach der „Straßb. Post,“ seitens des kaiser⸗
liichen Oberlandesgerichts auf den 183. Januar
dertagt worden.
. München, 17. Dez. Herr Ministerialrath
». Grieshammer, Vorstand des königlichen
sechnungshofes, wurde heute früh im Bureau vom
Schlage getroffen und ist dort. wie die Auasb.